Beethoven mal anders
Von Sonja Vollmer |
Die Proben für die Pop-Oper „Van Beethoven“ sind in vollem Gange. Aufgeführt wird im Juni, aber eine kleine Kostprobe gab es schon jetzt.
Bielefeld. „Hast du diese Musik gehört?“, schreckt Lizzie hoch. Wie besessen springt sie auf und sucht nach dem Urheber der Melodie. „Du hast geträumt“, grummelt ihr Freund Theo verschlafen und stöhnt: „Es ist 5.38 Uhr.“ Und während Theo wieder in den Schlaf entschwindet, sinnt die junge Frau weiter über die Musik, die ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. So beginnt die Pop-Oper der Musik- und Kunstschule zu Ehren des Komponisten Ludwig van Beethoven (1770 – 1827). „Wir bieten etwas, was es in diesem Jahr sonst nirgendwo zu hören gibt, verkündet Johannes Strzyzewski, Leiter der Schule an der Burgwiese, stolz.
Die Pop-Oper wird im Rahmen der Feierlichkeiten zu Beethovens 250ten Geburtstag in der Oetkerhalle aufgeführt. Bis jetzt wurden schon etwa 2.550 Karten verkauft, die Organisatoren hoffen auf ausverkaufte Vorstellungen. Für Familie und Freunde gab es als kleines Weihnachtsgeschenk schon jetzt eine Kostprobe. So beginnt das Orchester den Abend mit dem Schicksal, das an die Pforte pocht – Beethovens Fünfte Symphonie.
„Die bekannten Stücke wie ’Für Elise’, die Mondscheinsonate und natürlich Beethovens Fünfte sind alle dabei, das erwarten die Leute auch. Darüber hinaus bieten wir aber auch neu geschriebene Stücke für Solisten, die Elemente der Klassik mit Popmusik vermischen“, erklärt Strzyzewski. So sollen auch nicht eingefleischte Klassik-Conaisseure an Beethovens Musik herangeführt werden. Die Originale werden in gekürzter Form präsentiert und in eine kontemporäre Rahmenhandlung eingebettet: Lizzie lebt mit ihrem Freund Theo zusammen und entwickelt eine Obsession für Beethoven, dessen Geist sie heimsucht, glaubt er doch, in ihr seine geliebte Elise wiederzuerkennen. Die Beziehung der beiden Studenten wird dabei auf eine harte Probe gestellt. Eifersüchtig fährt Theo seine Freundin an, als diese schmachtend einen historischen Liebesbrief des Komponisten liest. Klassik-Puristen mögen zwar eine leichte Skepsis hegen, aber die Musik- und Kunstschule ist von ihrem innovativen, dem Elitismus dieses Genres trotzenden Konzept überzeugt. „Die Menschen, die wir erreichen wollen, würden wahrscheinlich eher abgeschreckt von 20-minütigen Musik-Stücken und dazwischen nur Stille. Wir spielen vielleicht kürzer, aber dafür auch mehr und bieten zusätzlich Tanz und Schauspiel“, sagt Strzyzewski.
Auch die Technik soll zu einem neuen Klassik-Erlebnis beitragen: Auf einer Leinwand wird das Orchester gezeigt und die Instrumente bei ihren Partituren eingeblendet. „Manch einer weiß vielleicht gar nicht, wie genau eine Oboe klingt. Aber wenn sie dann in einer Nahaufnahme gezeigt wird, während sie ertönt, machen wir die Klassik ein Stück weit erlebbar“, sagt der Leiter. Zusätzlich werde Beethoven durch die Bildsprache in die Neuzeit geholt. „Angedacht war auch eine 3D-Projektion von Beethovens Kopf – aber dafür wird spezieller Nebel gebraucht. Der ist zwar nicht giftig, würde aber das Orchester einer unangenehmen Nässe aussetzen, also wurde die Idee wieder verworfen.“
Inspiriert wurde die Rahmenhandlung von der historischen Gerüchteküche. Das Stück „Für Elise“ sei ein Liebesbrief an eine Adlige. Leider musste diese Liebe geheim und unerfüllt bleiben.
Sonja Vollmer für die Neue Westfälische, erschienen am 28.12.2019